Apartheidopfer verklagen deutsche Firmen

„Als mein Sohn Rechtsanwalt wurde, dachte ich, alle meine Sorgen seien vorbei“, so Mlangenis Mutter. „Nun bin ich so arm wie zuvor“. Denn weder sie noch die anderen tausenden Apartheid-Opfer, die vor der Wahrheits- und Versöhnungskommission ausgesagt hatten, haben je die versprochene Entschädigung erhalten. Gemeinsam mit fünfhundert Apartheid-Opfern der Selbsthilfeorganisation „Khulumani“ trat Catherine Mlangeni am verangenen Dienstag in Johannesburg vor die Presse, um die Einreichung der Klage in den USA als „ein Zeichen der Hoffnung“ zu feiern.

„Nach Jahren zähen Ringens um Entschädigung“, so der Geschäftsführer von medico international, Thomas Gebauer auf einer zeitgleich in Berlin stattfindenden Pressekonferenz, „ist die Klage Ausdruck für eine tiefe Enttäuschung der Opfer, die Unrecht erlitten aber bis heute keine Entschädigung erhalten haben.“ Die Frankfurter Hilfsorganisation unterstützt die Arbeit von Khulumani seit ihrer Gründung, weil „die Zukunft Südafrikas in entscheidendem Maße davon
abhängt, wie es dem Land gelingt, mit seiner verbrecherischen Vergangenheit umzugehen und die Opfer dieser Verbrechen politisch und sozial zu rehabilitieren“, so Gebauer.

Gemeinsam mit anderen deutschen Nichtregierungsorganisationen setzt sich medico international nach eigenen Angaben seit vielen Jahren in der „Internationalen Kampagne für Entschuldung und Entschädigung im Südlichen Afrika“ auch dafür ein, dass die deutschen Unternehmen und
Banken, die an der Zusammenarbeit mit der Apartheid verdient haben, politische und finanzielle Verantwortung für ihre Unterstützung der Apartheid übernehmen. „Immer wieder haben wir vor der Aktionärsversammlung der Deutschen Bank demonstriert und Briefe an betroffene Unternehmen versandt, um auf das Problem der Apartheidsopfer und deren schwierigen sozialen Situation hinzuweisen. Man hat uns nicht einmal angehört“, so Gebauer. „Hätte man mit uns
gesprochen, hätte der juristische Weg vermieden werden können.“

Hintergrund für die Klage gegen die Banken ist die Tatsache, dass der deutsche Nettokapitalexport nach Südafrika zwischen 1985 und 1993 2,13 Milliarden Euro entsprach, von denen der weitaus größte Teil zur Finanzierung des öffentlichen Sektors und damit der Infrastruktur des Regimes selbst verwendet wurde. Die deutschen Banken erheben auf 27,3
Prozent der südafrikanischen Auslandsschulden im öffentlichen Sektor Anspruch. Damit reklamieren sie in gewisser Weise für sich auch, der wichtigste Direktfinanzier der Apartheid gewesen zu sein. Deutsche und Schweizer Banken spielten eine führende Rolle, als sie im
„Technischen Komitee“ im September 1985 dem bereits schwer angeschlagenen Apartheidsregime Umschuldungen ohne jede politische Auflage gewehrt wurden. Damit habe man, so die Auffassung der Klagenden, nicht nur die Apartheid noch weitere neun Jahre am Leben erhalten, man habe zudem „die Sicherung seiner eigenen Pfründe vor die Wahrung der Menschenrechte“ gestellt.

Hintergrund der Klage gegen Daimler-Chrysler und Rheinmetall ist die Verwicklung dieser Firmen in äußerst fragwürdige Rüstungsgeschäfte mit dem Apartheidsregime in Südafrika. Rheinmetall habe zum Beispiel 1977 unter falschen Angaben eine komplette Munitionsabfüllanlage über Paraguay nach Südafrika geliefert, so medico internationl. DaimlerBenz lieferte 1978 2.500 Unimogs und klassifizierte sie für den nicht-militärischen Gebrauch. Tatsächlich wurde der Unimog zur Standard-Ausrüstung in der südafrikanischen Armee, so die Vorwürfe der Klagenden.